Gekämpft - Gefordert - Geplant und - viel – Gewonnen!

Erklärung der Initiative Esso-Häuser zu den Ergebnisse des Planungsprozesses für das Esso-Häuser-Gelände

18.05.2015

 

Die heute vorgestellten Auslobungsbausteine für den städtebaulichen Wettbewerb, die in den letzten Wochen zwischen PlanBude, Bezirk und Bayerischer Hausbau ausgehandelt wurden, zeigen eins ganz deutlich: Einmischen lohnt sich! Fast 60% der Wohnungen entstehen als geförderte Wohnung, es wird keine Eigentumswohnungen geben und im Gewerbebereich sind viele Flächen für quartiersbezogene Nutzung und für eine soziale Infrastruktur vorgesehen.

Hier wurde Stadtplanung einmal anders gemacht. Durch die PlanBude gab es eine breit angelegte Bürger*innenbeteiligung, deren Ergebnisse dem Stadtteil in zwei Veranstaltungen präsentiert und zur Diskussion gestellt wurden, bevor es in die Verhandlungen mit Bezirk und Bayerischer Hausbau ging. Der gesamte Prozess ist aus unserer Sicht ein großer Erfolg! Und er wurde erreicht durch den politischen Druck, den die Initiative aus hartnäckigen Mieter*innen und Nachbar*innen, die Recht-auf-Stadt-Bewegung und viele Unterstützer*innen entwickelt haben.

Wir freuen uns, dass die Ergebnisse der Bürger*innenbeteiligung in sehr großem Maße in die Auslobungsbausteine eingeflossen sind. Es ist Konsens, den „St. Pauli Code“, also eine vielfältige Mischung in der Architektur und in der Nutzung, zur Leitidee zu machen. Statt geschlossener Einheitsarchitektur soll es bewegte Fassaden, abwechslungsreiche Gebäudeformen und eine Durchwegung des Geländes geben. Ketten und Büros werden keinen Platz in den Neubauten finden, sondern viel kleinteiliges und kiezaffines Gewerbe, Flächen für Subkultur und soziale Einrichtungen, sowie Geschäfte für die Nahversorgung und ein Stadtteilplatz als Ersatz für die Tanke. Einer der größten Erfolge: Eigentumswohnungen sind vom Tisch! Ungefähr 60 % der Mietwohnungen sollen öffentlich gefördert werden, knapp 40 % davon als klassische Sozialwohnungen im 1. Förderweg, der Rest als Flächen für Baugemeinschaften (Genossenschaften, Wohnprojekte). Im freifinanzierten Bereich sollen zudem viele kleine Wohnungen entstehen, so dass sie trotz vermutlich hoher Quadratmeterpreise für relativ viele Mieter*innen bezahlbar sein dürften. Viele der Dächer sollen öffentliche Nutzungen erhalten und zugänglich sein.

Doch der große Erfolg hat auch Schattenseiten.

Auch wenn im Planungsprozess nicht wenige Modelle mit Türmen und hoher Baumasse entstanden sind: Die nun vorgesehene Baumasse liegt mit ca. 28.000 m² bei mehr als dem 3-Fachen der ursprünglichen Bebauung. Das ist eine enorme Verdichtung. Diese ergibt sich nicht zuletzt aus einer massiven Steigerung der Gewerbeflächen und fällt nicht zu Gunsten von günstigem Wohnraum aus, der auf St. Pauli und in ganz Hamburg dringend gebraucht wird.

Der Wohnanteil am Gesamtprojekt hat sich von den ursprünglich geplanten 80% auf gut 50% verringert. Hier hätten wir uns mit mehr günstigem Wohnraum ein noch stärkeres Signal gegen die Aufwertungsspirale auf St. Pauli gewünscht.

Im Gewerbeteil ist als größter lukrativer Einzelposten ein Hotel von 6.000 m² zum Spielbudenplatz vorgesehen. Die Frage ist: Brauchen wir ein weiteres, so großes Hotel auf St. Pauli? Gewünscht wurde es jedenfalls nicht. Das Hotel soll keiner Kette angehören, sich zum Stadtteil öffnen und sich in der Fassadengestaltung ins kleinteilige Gesamtkonzept einfügen. Wir sehen dies als große Herausforderung an die Architekt*innen und an die Projektentwicklung an und werden es nicht hinnehmen, dass hier letztlich dann doch etwas entsteht, das die Ergebnisse der Bürger*innenbeteiligung konterkariert.

Der PlanBuden-Prozess ist nun einerseits zwar ziemlich erfolgreich abgeschlossen, der Planungsprozess aber längst noch nicht zu Ende. Hier sehen wir offene Punkte, die dringend zu klären sind.

 

Wir fordern:


Vertraglich abgesichertes Rückkehrrecht für alle interessierten ehemaligen Gewerbemieter*innen zu fairen Konditionen

Bis heute haben die ehemaligen Gewerbemieter*innen aus den ESSO-Häusern kein garantiertes Rückkehrrecht. Diejenigen, die in den Neubau zurückkehren wollen, müssen sofort faire Angebote zu guten Konditionen in Form einer vertraglich abgesicherten Option erhalten. Dies sollte bei einer geplanten Verfünffachung der Gewerbeflächen doch kein Problem sein, oder?


Mietpreisbindung von mindestens 30 Jahren für die öffentlich geförderten Wohnungen auf dem Areal ESSO-Häuser
Gerade was den Punkt günstiges Wohnen angeht, ist unsere Freude nicht ungetrübt. Umso wichtiger ist hier die Frage der Bindungsdauer. Dabei blicken wir auch auf die rund 45.000 Mietpreisbindungen in Hamburg, die bis 2025 auslaufen werden und eine Halbierung des Sozialwohnungsbestandes von knapp 100.000 auf 50.000 im gesamten Stadtgebiet mit sich bringen. Dieser Schwund ist durch Wohnungsbau im Drittelmix mit nur 2.000 neuen Sozialwohnungen jährlich – meistens mit einer Sozialbindung von 15 Jahren – nicht auszugleichen.


Gründung eines Beirats für die weitere Projektentwicklung mit Beteiligung der PlanBude/des Stadtteils

Um auch nach dem Architekturwettbewerb die Umsetzung der Ideen aus dem Beteiligungsprozess sicherzustellen, brauchen wir einen Beirat, der mitentscheidet, z.B. an welche Baugemeinschaft ein Teil des Geländes veräußert wird, welcher Träger den Bau der Sozialwohnungen übernimmt, wie die Belegung der Gewerbeflächen erfolgt etc.
Verbindliche Verabredungen jenseits der Wettbewerbsauslobung
Einige Ergebnisse aus dem Beteiligungsprozess gehören nicht in den Auslobungstext für den Architekturwettbewerb und kommen erst in einer späteren Phase zum Tragen. Über all diese Themenkomplexe müssen zeitnah verbindliche Verabredungen getroffen werden.

 

Download der Pressemitteilung als pdf hier