Gestaltungsmacht wahrnehmen!
Erklärung der Initiative ESSO-Häuser zur PlanBuden-Eröffnung
26.10.2014
Als Initiative begrüßen wir es sehr, dass für den Beteiligungsprozess ESSO-Areal heute endlich der offizielle Startschuss fällt und freuen uns auf ein fulminantes Eröffnungsfest der PlanBude. Wir wünschen uns, dass ganz viele St. Paulianer*innen und insbesondere auch die ehemaligen Bewohner*innen und Gewerbetreibenden der ESSO-Häuser sich mit ihrem lokalem Wissen, ihren Wünschen, Vorstellungen und Ideen für den Neubau einbringen. Rennt der PlanBude die Bude ein! Die Chancen stehen gut, dass hier die Bürger*innenbeteiligung nicht ins Leere läuft, weil sie zu einem frühen Zeitpunkt im Planungsprozess stattfindet.
Die Politik hat eigentlich noch alles in der Hand, denn der Investor
braucht einen neuen Bebau-ungsplan. Und den aufzustellen, ist eine hoheitliche
Aufgabe. Im Baugesetzbuch ist sehr detail-liert aufgeführt, welche Ziele
im Sinne des Gemeinwohls bei der Aufstellung eines neuen B-Plans zu
berücksichtigen sind. Beteiligung der Bevölkerung ist vorgeschrieben.
In der Regel wird das so ausgelegt, dass die Bevölkerung so wenig wie
möglich beteiligt wird und wenn, dann meist in einer Phase, in der keine
wichtigen Entscheidungen mehr zu fällen sind. Tatsächlich ist jedoch
auch das Verfahren, wie es jetzt realisiert wird, baugesetzkonform.
Es liegt nur nicht im neoliberalen und undemokratischen Trend der Zeit,
der dem Investor häufig die Macht über die Stadtentwicklung überlässt.
Dass die Politik sich hier einmal traut, Demokratie in der Stadtplanung weiter zu denken, neh-men wir sehr ernst. Wir finden es richtig, dass ein Stück Gestaltungsmacht demokratisiert wird und werden diese Chance wahrnehmen. Wir fordern alle anderen Stadtbewohner*innen auf, das gleiche zu tun. Und wir werden sehr genau im Blick behalten, ob das, was hier von Vielen entwickelt wird, auch umgesetzt wird. Nur dann haben wir eine Chance, der Stadtentwicklung eine neue Richtung zu geben.
Mit dem Slogan „Initiative ESSO-Häuser. Wir sind kein Objekt.“ wurde die Auseinandersetzung um die ESSO-Häuser vor vier Jahren politisch. Wir haben auf allen Ebenen gekämpft, Nach-bar*innen zusammengebracht, rechtliche Beratung mit Mieter helfen Mietern und soziale Un-terstützung durch die GWA organisiert und uns mit anderen stadtpolitischen Initiativen in Ham-burg und der Welt vernetzt. Auch wenn wir Räumung und Abriss der Häuser hinnehmen muss-ten – wir sind kein passives „Objekt“, über das verfügt wird.
Kein Objekt sein heißt: selber handeln und gestalten. In den letzten Monaten waren wir Zeug*innen (und handelnde Subjekte) eines ganz erstaunlichen Prozesses. Denn der Schock der Räumung erzeugte keine Lähmung und keine Ohnmacht – sondern Wut und ein neues Niveau der Selbstorganisation auf St. Pauli: Im Februar kamen im Ballsaal des FC St. Pauli über 400 Menschen zu einer Stadtteilversammlung zusammen. Aus der „St. Pauli selber machen“-Versammlung hat sich umgehend ein Arbeitskreis „Planung“ aus Planungsfachleuten, Park-Fiction-erprobten Nachbar*innen, Sozialarbeiter*innen und Künstler*innen gebildet, ein Betei-ligungskonzept entwickelt – und dem Bezirk vorgeschlagen. Nach einigem Gezerre und mit we-nigen Abstrichen hat sich das Team PlanBude konstituiert. Das sehen wir als einen wichtigen Teilerfolg in dieser Auseinandersetzung. Als Stadtteilinitiative werden wir aber weiter kämpfen: unter anderem für Rückkehrrechte von Mieter*innen und Gewerbetreibenden, für bezahlbare Mieten im Neubau, für ein transparentes Wettbewerbsverfahren auch nach dem Beteiligungs-prozess der PlanBude.
Also: Rennt der PlanBude die Bude ein! Danach werden Jahre der Verhandlung und Umsetzung folgen. Das wird kein Kirschenessen, aber spannend wird es ganz bestimmt.
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