Irrtümer über die ESSO Häuser

29.11.2012


Es ist beschlossen: die Esso Häuser werden abgerissen.
Stimmt nicht ! Fest steht nur: Der milliardenschwere Investor, die Bayerische Hausbau, die den Gebäudekomplex 2009 gekauft hat, plant der gesamten Block abzureißen. Das würde bedeuten: 107 Wohnungen, die legendäre Esso Tanke, das Molotov, der Planet Pauli  Club und anderes kiezaffines Gewerbe z.b. das günstige Autohotel würden verschwinden.
Fest steht aber auch: ohne die Zustimmung der Politik läuft hier gar nichts ! Die Pläne des Investors lassen sich nur verwirklichen, wenn der geltende Bebauungsplan den Profit-Interessen der Bayerischen Hausbau zu Liebe von der Politik geändert würde.

Die Häuser sind hässlich
Geschmackssache! Fest steht: hier pulsiert das Leben. Irgendwas scheint dran zu sein, an dem 1961 im Geist der Nachkriegsmoderne fertiggestellten Ensemble. Kein Gebäudekomplex in Hamburg hat eine derart vielseitige Nutzung.  Die Architektur verbindet Wohnen, Arbeiten und Nachtleben auf einzigartige Weise. Der Ort ist seit vielen Jahren eine der zentralen Anlaufstellen des Kiezes und steht für den rauen, egalitären Charme des Schmelztiegels Reeperbahn. So was lässt sich nicht von Investorenhand nachbauen.

In so einer Bruchbude lebt doch keiner freiwillig
Von wegen. 2/3 der Mieterschaft haben mittlerweile gegen den Abriss unterschrieben und fordern nichts weiter als, dass der Besitzer seiner Instandhaltungspflicht nachkommt. Die Bewohnerinnen wissen sehr gut warum sie gerne, in genau diesen Wohnungen wohnen. In den Häusern findet sich genau jene bunte Mischung an Bewohnerschaft, die im Zusammenhang mit dem kulturell diversen St. Pauli immer behauptet wird. Manche leben hier schon in der zweiten oder dritten Generation. Die Nachfrage nach den Wohnungen in den Esso Häusern ist ungebrochen. Ständig gibt es Bewerbungen für leere Wohnungen, die mit fadenscheinigen Ausreden abgelehnt werden.

Die Häuser sind rott und müssen abgerissen werden
Na ja. Über die Bausubstanz gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Unstrittig ist, es gibt einen bewusst herbeigeführten Instandhaltungsstau. Unstrittig ist aber auch, dass es keine derart gravierende Mängel gibt die einen Abriss nötig machen würden. Außerdem schreibt die Bayerischer Hausbau im gegenwärtigen Betrieb schwarze Zahlen.
Wenn der Investor von der Notwendigkeit eines Abrisses und Neubaus redet hat er vor allem seine eigenen, spekulativen Gewinnerwartungen im Sinn.
Nach seinen Plänen soll die Nutzungsfläche verdreifacht und eine zahlungskräftige Kundschaft angelockt werden.

Hier wird mehr und sogar sozialer neuer Wohnraum geschaffen Kein Grund zur Beschwerde also!
Doch! Es wird gesagt: Es würde dreimal so viel Wohnraum am selben Ort entstehen. Nur, für wen eigentlich ? Die bayerische Hausbau will zu einem Drittel Sozialwohnungen bauen. Dieses Sozialschmankerl entspräche in etwa der gegenwärtigen Menge an Wohnraum in den Esso Häusern. Die anderen zwei Drittel sollen teure Eigentumswohnungen und hochpreisige Mietwohnungen werden.
Man muss kein Hellseher sein um zu wissen, dass ein Neubau mit weiteren, neuen zahlungskräftigen BewohnerInnen, die Aufwertung in St. Paulis weiter anheizt, was sich sowohl auf die Mieten des ganzen Stadtteils, als auch auf die gewachsene, tolerante Sozialstruktur des Viertels auswirken wird.
Nach all dem was hier an günstigem Wohnraum in den letzten Jahren verschwunden ist, geht die Akzeptanz der St Pauli BewohnerInnen für eine derartige Aufschickung gegen Null.

Die MieterInnen können zu gleichen Konditionen wiederkommen
Wer´s glaubt ! Rechtsverbindliche Zusagen dass den Mietern ein Rückkehrrecht unter den bisherigen Bedingungen garantiert gibt es bis heute nicht.
Aber auch wenn der Investor sein Wort halten sollte, zwei Umzüge innerhalb von 2 Jahren sind für viele Menschen in den Häusern gesundheitlich oder altersbedingt schlichtweg nicht möglich.
Für die Gewerbetreibenden, das Molotow, das Planet Pauli oder das Autohotel würde der Abriss die Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz bedeuten.

Die Initiative Esso-Häuser sperrt sich gegen jede Veränderung
Quatsch, Seit 2 Jahren engagiert sich die Initiative für eine stadtteilverträgliche Weiterentwicklung des Areals. Wir haben viele Ideen zur Neugestaltung des Geländes und haben als Zugeständnis an den Investor eine Zusatzbebauung Richtung Kastanienallee ins Spiel gebracht.
Wir haben zwei runde Tische initiert um alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und stehen mit der Politik in Kontakt um zu einem unabhängigen Gutachten über den Zustand der Häuser zu kommen. Die bayerische Hausbau hat den Dialog der alle BewohnerInnen St Paulis betrifft einseitig abgebrochen.
Wir sind entschieden gegen den Abriss. Ein Abriss bedeutet Verdrängung und Zerstörung des einzigartigen Charmes von St. Pauli. Was wollen wir uns eigentlich noch bieten lassen ?
Keine weiteren Investorenfantasien auf St. Pauli!